EM Haustechnik: Wir verkaufen Sicherheit

Benjamin Nydegger: Wir verkaufen Sicherheit

Benjamin Nydegger führt in 2. Generation die EM Haustechnik GmbH. Mit Sitz in Bremgarten BE ist sie ein führender Anbieter von Sicherheitstechnik.

Letztes Jahr ereigneten sich in der Schweiz rund 41600 Einbruch- und Einschleichdiebstähle. Umgerechnet auf einen Tag sind dies 114 Vorfälle. Wer es lieber auf Minuten heruntergerechnet hat: alle 13 Minuten waren 2023 ungebetene Gäste in einem Haus oder einer Wohnung unterwegs. Heute liegt dieser Wert bei etwa 11 Minuten. Trotzdem fühlen sich die Schweizer in ihrem Zuhause sicher. Wie die internationale Studie eines Anbieters von Sicherheitstechnologie ergeben hat, haben 95% der Schweizer ein starkes Gefühl von Sicherheit, ein Wert, der mit 96% nur in Österreich übertroffen wird. Am andern Ende der Skala bewegen sich die Türkei (79%) und Italien (75%). Diese Werte korrelieren mit der Verbreitung von Sicherheitsprodukten: Sie ist am höchsten der Türkei, in Italien, Grossbritannien und Spanien. In der Schweiz nutzen nur 30% der Haushalte elektronischen Einbruchschutz. Lieber informiert man einfach den Nachbarn über eine längere Abwesenheit, lässt ein Licht brennen und stellt beim Verlassen des Hauses sicher, dass alle Fenster geschlossen und die Türen verriegelt sind.

Wie effizient ist Einbruchschutz, der auf verschlossene Türen und Fenster abstellt?
Benjamin Nydegger: Diebe wählen den Weg des geringsten Widerstands, deshalb fordern offene Fenster oder unverschlossene Türen einen Einschleichdiebstahl geradezu heraus. Alles gut zu verschliessen, ist ein erster Schritt für die Prävention – aber nicht viel mehr. Einbrecher lassen sich von verriegelten Türen und Fenstern nicht abhalten. Ihnen kommt auch entgegen, dass Bauherren und die Baubranche zu wenig sensibilisiert sind. Fenster- und Türlieferanten, aber auch Elektroplaner, sollten ihre Kunden vermehrt auf die Thematik Einbruchschutz aufmerksam machen.

Wie erklären Sie es sich, dass in der Schweiz relativ wenig unternommen wird, um Liegenschaften einbruchsicherer zu machen?
Bei einem Auto ist es selbstverständlich, dass es zumindest mit Sicherheitsgurten, Airbags und einem Antiblockiersystem ausgerüstet ist. Wieso wir in unseren eigenen vier Wänden, wo wir uns wohl und geborgen fühlen möchten, nicht mehr Sicherheiten verbauen, kann ich mir nicht erklären.

Eigenentwicklung: Der Einbruch-Melde-Koffer ist bei Behörden und Polizeien im Einsatz
Eigenentwicklung: Der Einbruch-Melde-Koffer ist bei Behörden und Polizeien im Einsatz.

Man sagt, dass Orte in Grenznähe, an Autobahnen und Häuser in Einbahnstrassen oder Sackgassen weniger gefährdet sind. Können Sie das bestätigen?
Diese Aussage ist überholt. Kriminalität ist überall, gestohlen und eingebrochen wird in Grenznähe wie im Emmental. Auch Fahrverbote, Einbahnstrassen und Sackgassen sind nicht sicherer: Ein gut positionierter Komplize kann übers Mobile seinen Einbrecherkollegen rechtzeitig warnen, sollte die Polizei im Anzug sein. Für Diebe wichtiger als die Geografie sind vielversprechende Indikatoren wie ein Swimmingpool, ein voller Briefkasten, ein dunkles Haus und Statusmeldungen oder Ferienfotos, die in den Sozialen Medien gepostet werden.

Kriminalität ist überall.

Welche Massnahmen empfehlen Sie, um Einbrecher von einer Liegenschaft fernzuhalten?
Ein Einbruch gehört zu den verstörendsten Ereignissen im Leben. Mit Vorteil trifft man deshalb Vorkehrungen, die verhindern, dass Diebe überhaupt erst in ein Gebäude gelangen. Wir sprechen hier von Hüllenschutz. Dazu gehört neben der Videoüberwachung eine Alarmanlage mit Tür-/Fensterkontakt: Sobald eine Tür oder ein Fenster geöffnet wird, löst der Alarm aus, unterstützt z.B. durch eine Aussen- und Innensirene. Bei der Auswahl der elektronischen Sicherheitstechnik achten wir auf zahlreiche Aspekt, darunter die Beschaffenheit der Fenster, die Glasdicke, die Art der Beschläge und Griffe etc. Auch die Anwesenheit von Haustieren wird in die Überlegungen miteinbezogen. Die Erfahrung zeigt, dass sich Einbrecher oft zurückzuziehen, sobald sie auf ein wirksames Alarmsystem stossen. Insbesondere die Ungewissheit, ob eine sofortige Benachrichtigung der Polizei über eine Meldezentrale erfolgt, wirkt abschreckend.

Benjamin Nydegger: Das persönliche Beratungsgespräch ist von grossem Wert.
Benjamin Nydegger: «Das persönliche Beratungsgespräch ist von grossem Wert.»

Kommt es trotz aller Massnahmen doch zu einem Vordringen in das geschützte Objekt, kann ein Bewegungsmelder Alarm schlagen. Die Gefahr eines Falschalarms ist bei Bewegungsmeldern, die auf Bewegung und Wärmeunterschiede reagieren, allerdings höher. Ausserdem kann die Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein. Bei einer Alarmanlage mit Tür-/Fensterkontakt kann man sich im Gebäude sogar dann frei bewegen, wenn sie scharfgeschaltet ist. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns im privaten Bereich auf den Hüllenschutz: die Bewohner, inbesondere auch Kinder und Haustiere sollen sich in der Wohnung frei bewegen können. Alles andere ist mehr Hindernis als Schutz.
Wichtig ist für uns von der EM Haustechnik, dass das Sicherheitskonzept genau auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten ist.

Sie haben Haustiere erwähnt. Inwiefern sollten sie in ein Sicherheitskonzept einbezogen werden?
Leider geht oft vergessen, dass auch Haustiere – vor allem Hunde und Katzen – von Einbrechern traumatisiert zurückgelassen werden können. Wenn wir von Bewohnern sprechen, die es zu schützen gilt, meinen wir deshalb auch Haustiere. Dem Tierwohl kommt die EM Haustechnik aber auch mit einer Eigenentwicklung, dem Haustieralarm, entgegen: Wenn die Alarmanlage mit einer Innensirene kombiniert ist, kann das schon nach wenigen Minuten für ein Haustier verstörend sein und Stress auslösen. Deshalb haben wir ein System entwickelt, bei dem man die Lautstärke der Sirene leise oder progressiv leiser schalten kann, wenn die Tiere allein zu Hause bleiben. Zusätzlich erfolgt die Telefonmeldung schneller als üblich.

Verfügt EM Haustechnik über weitere Eigenentwicklungen?
Ja, unsere Anlagen aus der ZH-Serie, eine hybride Zentrale für Draht und Funk. Ausserdem geben wir unsere Erfahrungen weiter an Produzenten und machen Vorgaben etwa für den Umbau von Hardware.
Neu haben wir auch den Einbruch-Melde-Koffer bzw. Polizeikoffer zusammengestellt. Er ist bereits bei verschiedenen Polizeien und Behörden im Einsatz. Er enthält Bewegungsmelder und eine Alarmzentrale und ist geeignet, ein gefährdetes Objekt temporär zu überwachen und so Einbruchserientäter festzunehmen. Der stille Alarm geht dabei zum Beispiel an die mobile Einsatzpolizei.

Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Unsere grössten Aufträge haben wir im Videosektor. Hier wird mit Vorteil alles verkabelt, was eine zeitintensivere Installation bedeutet. Das Umsatzvolumen kann bei grösseren Aufträgen bei mehreren Zehntausend Franken liegen.
Ein grosser Vorteil für unsere Kunden liegt darin, dass wir einen umfassenden Service aus einer Hand bieten. Er reicht von der Planung über die Lieferung bis zur Wartung und Unterstützung. Eine Alarmanlage sollte regelmässig überprüft werden, wenn man sicher sein will, dass im Ernstfall alles funktioniert. Wir bieten deshalb Wartungsverträge zu einem jährlichen Pauschalpreis. Möglich sind auch telefonischer Support oder Fernwartung. Für Notfälle verfügen wir über eine Pikettdienst, der übrigens auch immer dann ausrückt, wenn bei einem Kunden ein Alarm ausgelöst wird.

Produkte, in denen Eigenentwicklung steckt, lässt Benjamin Nydegger mit dem Firmenlogo branden.
Produkte, in denen Eigenentwicklung steckt, lässt Benjamin Nydegger mit dem Firmenlogo branden.

Was ist der Vorteil der Verkabelung?
Verdrahtete Alarmanalgen sind bei der Installation teurer, dafür sind sie weniger störungsanfällig und weniger wartungsintensiv. Verkabelung drängt sich bei Neubauten und Sanierungen auf. Bei bestehenden Objekten empfehlen wir aus ästhetischen Gründen eine Funk-Alarmanlage, die ohne grossen Aufwand montiert werden kann.

Gibt es einen Unterschied zwischen den Bedürfnissen von Privaten und KMU?
Unser Schwerpunkt liegt im privaten Sektor. Wir verstehen uns als Spezialisten für Einfamilienhäuser und Wohnungen. Aber natürlich haben wir auch Firmen im Portfolio. Auch solche im Hochrisikobereich wie Juweliergeschäfte oder Finanzinstitute. Dort müssen aus versicherungstechnischen Gründen anerkannte, d.h. drahtgebundene Anlagen installiert werden. Da wir Mitglied im Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen SES sind, haben wir übrigens die Verpflichtung, pro Jahr mindestens fünf Anlagen im Hochrisikobereich zu installieren.
Gegenwärtig forcieren wir den KMU- und WIR-Bereich und haben vor Kurzem eine 100%-WIR-Aktion für Alarmsysteme und Videoüberwachung gestartet.

Gegenwärtig forcieren wir den KMU- und WIR-Bereich.

Fünf Anlagen im Hochrisikobereich - das scheint mir eine recht hohe Hürde zu sein…
Das ist es nicht wirklich. Eine Alarmanlage erfüllt ihren Zweck in der Regel während 15 bis 20 Jahren. Aber eigentlich ist die Technik schon nach etwa zehn Jahren überholt. Dann drängt sich ein Ersatz auf. Wir sind ja seit 1997 im Geschäft, deshalb haben wir Kunden, die bei uns schon die dritte Anlage bestellt haben.

Wie hat sich EM Haustechnik seit 1997 entwickelt?
Mein Vater Markus Nydegger hat die Firma 1997 in Bern gegründet. Die Technik, die damals vertrieben wurde, ist in keiner Weise mit der heutigen Technologie und deren Möglichkeiten vergleichbar. Nur zwei Beispiel: Moderne Alarmanlagen verfügen über eine Notstromversorgung und eine Selbstüberwachung, d.h. sie melden, wenn sie beispielsweise durch starke Funkimpulse sabotiert wird.
Das Einzugsgebiet war in den ersten Jahren auf die Hauptstadtregion beschränkt und mit wenigen Mitarbeitern zu bewältigen. Mit der stetigen Nachfrage für Sicherheitstechnik wuchs die Firma bald auf 10 und 15 Mitarbeitende, verteilt auf ein Call-Center für Beratungstermine, Produktvorführung und Installation sowie Büro.
Ich bin schon relativ früh dazugestossen, als ich mich in einer Weiterbildung im Sanitärservicebereich befand. Mein Ziel war die Selbständigkeit im Sanitär-/Heizungsgeschäft mit Schwerpunkt Piketteinsätze. Das änderte sich, als mein Vater mich vor 20 Jahren telefonisch um meine Mitarbeit bat.
Heute habe ich 45 Mitarbeitende unter Vertrag, die in der ganzen Schweiz tätig sind. Ein Servicepoint und Aussenlager in der Ostschweiz – in Rickenbach - erlaubt den Technikern ökologischere und kürzere Anfahrten und Einsatzzeiten. Aufträge im Ausland nehmen wir punktuell an, in der Regel auf der Grundlage einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung. So führten uns Einsätze etwa nach Deutschland, ins Fürstentum Liechtenstein, in den Kosovo oder nach Sizilien.
Wichtig ist mir neben der konsequent kunden- und lösungsorientierten Arbeit eine rasche Reaktionszeit, nicht nur im Pikettdient: ein Problem soll am selben Tag gelöst sein, an dem es erkannt wurde, und auch auf Offerten muss kein Kunde lange warten. Das ist sicher Teil unseres Erfolgs.

An der Montagewand lässt sich das Finden von Fehlern oder das Anschliessen von Anlagen üben.
An der Montagewand lässt sich das Finden von Fehlern oder das Anschliessen von Anlagen üben.

Über welche Qualitäten verfügen Ihre Mitarbeitenden?
Sie bringen im Idealfall bereits ein gewisses Fachwissen mit und haben z.B. einen beruflichen Hintergrund als Elektroinstallateur, Vericherungsagent oder Polizist. Wir bilden aber auch aus und fördern Quereinsteiger.
Ganz wichtig ist die stete Weiterbildung. Die Technik und die Produkte unserer Hersteller bleiben nicht stehen, alle müssen am Ball bleiben. Das fördert einerseits den Zusammenhalt innerhalb der Firma, gerade wenn viele der Mitarbeitenden ausserhalb Berns stationiert sind. Andererseits garantiert ein hoch qualifiziertes Team die Anerkennung der EM Haustechnik im Bereich der Einbruchsicherung durch Behörden und Institutionen.
Grossen Wert lege ich darauf, dass meine Mitarbeitenden potenziellen Kunden keine Angst machen und sie zu einem Kauf überreden. Wir verkaufen Sicherheit und wollen nicht verunsichern.

Alarmanlagen kann ich allerdings auch selbst im Detailhandel oder online kaufen und gleich selbst installieren…
Es ist schon ein Unterschied, ob ein Laie oder geschultes Fachpersonal, das seit Jahren Häuser absichert, das Sicherheitsdispositiv für ein Haus oder ein Gewerbeobjekt erarbeitet. Ich kann garantieren, dass die Lösungen sehr unterschiedlich ausfallen werden. Natürlich kommt es letzten Endes auf die Bedürfnisse des Kunden an. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass ein Objekt, das vielleicht 1 Million Franken gekostet hat, nicht durch eine Alarmanlage für ein paar Hundert Franken komplett geschützt werden kann. Meine Empfehlung lautet daher, eine professionelle Alarmanlage von einem zertifizierten Errichter installieren zu lassen.

Benjamin Nydegger: Es ist ein Unterschied, ob ein Laie oder geschultes Fachpersonal das Sicherheitsdispositiv für ein Haus oder ein Gewerbe objekt erarbeitet.
Benjamin Nydegger: «Es ist ein Unterschied, ob ein Laie oder geschultes Fachpersonal das Sicherheitsdispositiv für ein Haus oder ein Gewerbe objekt erarbeitet.»

Gibt es Sicherheitstechnik, die gerne übersehen oder unterschätzt wird?
Die EM Haustechnik ist auf eine Vielzahl an Sicherheitssystemen spezialisiert. Zu den Alarmanlagen und zur Videoüberwachung gehört eine mobile Steuerung. Sie erlaubt über eine App die Kontrolle und Überwachung des Sicherheitssystems, unabhängig davon, wo man sich befindet. Als Ergänzung dazu führen wir die folgenden Systeme im Angebot: Überfalltaste, Notrufarmband, Rauchmelder, Kohlenmonoxidmelder, Wassermelder, Glasbruchmelder und Erschütterungsmelder.

In welcher Höhe bewegen sich die Kosten für eine Alarmanlage oder Videoüberwachung von EM Haustechnik?
Viele Anbieter werben schon auf ihrer Webseite mit Preisen. Ich finde das eher unseriös. Eine Besichtigung des zu schützenden Objekts ist unabdingbar, damit eine verlässliche Offerte erstellt werden kann. Hier ist das persönliche Gespräch von grossem Wert. Wie sonst sollen wir auf die Gewohnheiten und die Bedürfnisse des Kunden eingehen? Pauschal kann ich also keinen fixen Preis nennen, jedoch sollte klar sein, dass eine Alarmanlage von einem professionellen Errichter mehrere Tausend Franken kostet. Im KMU- bzw. Hochrisikobereich wie erwähnt auch mehrere Zehntausend Franken.

Wie kam Ihre Firma ins WIR-System?
Wir sind eine alte «WIRler-Familie»: Bereits mein Vater war auch im Baugewerbe tätig und hat bei allen Umbauten WIR eingesetzt. Das hält bis heute an. Doch wir benötigen WIR nicht nur für den Gebäudeunterhalt: von unseren 36 Fahrzeugen haben wir bestimmt die Hälfte mit WIR gekauft. Weitere Möglichkeiten haben wir beim Kauf von Kleidung, für den Druck von Werbematerial und für Geschäftsessen.

Wohin geht die Entwicklung im Bereich Sicherheitssysteme?
Im Trend liegt die KI-basierte Videoüberwachung. Sie erkennt beispielsweise Einbrüche, Kämpfe oder auch, wenn ein Kind in einen Swimmingpool fällt; Sie kann Autos zählen oder Autonummern erkennen; Über die Gesichtserkennung lassen sich auch Zutrittskontrollen regeln. Wir beobachten und begleiten diese Entwicklung intensiv, um vorbereitet zu sein, wenn Produkte marktreif sind. Problematisch sind gegenwärtig datenschutzrechtliche Fragen. Denn es werden biometrische Daten erhoben, und die Auswertung erfolgt in Rechenfarmen, die sich in Asien oder den USA befinden.

Quelle: WIR Bank, WIRinfo, 8/ 2024, s.6ff, 7, August 2024, https://www.wir.ch/de/die-bank-wir/publikationen/wirinfo